Schilfs Reiseseite
Berichte von Reisen
zu Wasser, zu Lande und in der Luft
09. April 2015 |
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Geschrieben von Uli Schilf am 27.04.2015 |
Zunächst bin ich heute mit der Stationsärztin einander gerasselt. Ich klopfte an die Tür des Schwesternzimmers, das sich auf jeder Station befindet. Als keine Antwort kam, trat ich ein und hörte ein lautes „Moment noch“ von der Stationsärztin. Darauf ich: „Schreien Sie mich nicht an!“. Danach war erst einmal Ruhe. Als ich dann gerufen wurde, war sie nicht mehr im Raum. Ich muss hier nämlich dreimal am Tag zum Messen des Blutdrucks erscheinen.
Nach dem Frühstück hörten wir uns einen interessanten Vortrag der leitenden Psychologin über Entspannungstraining nach Jacobson an. Anschließend musste ich zur Krankengymnastik, wo ich einige Übungen zur Mobilisierung meiner Schulter absolvierte. Danach marschierten wir in die Stadt („Terraintraining“). In der Apotheke kauften wir Sonnenmilch, Papiertaschentücher und Oropax für Jutta; sie behauptet ja, dass man mich eigentlich in der ganzen Klinik hören müsste. Auf dem Rückweg trafen wir auf eine Frau, die – wie ich – auf der linken Seite eine Stimmbandlähmung hat und kaum richtig sprechen konnte. Sie wies uns auf eine Veranstaltung hin, die aus Anlass der gerade hier laufenden Märchenwoche bei ihr abends stattfinden sollte. Ich versprach, ihr die Anschrift von Prof. Hess von der Deutschen Stimmklinik zu geben. Leider behandelt der nur Privatpatienten. Den Bus zurück in die Klinik verschmähten wir und liefen zu Fuß zurück. Nach dem Mittagessen riefen wir meine Schwester Bärbel an, die eine Nachricht auf Juttas Handy hinterlassen hatte. Es stellte sich heraus, dass heute Morgen meine Stiefmutter in Köln in einem Krankenhaus gestorben ist. Sie wurde 89 Jahre alt. Da sie für mich während meiner Kindheit alle Klischees einer „Stiefmutter“ erfüllte, hält sich meine Trauer in Grenzen. Auch wenn man nichts Schlechtes über die Toten sagen soll, so ist Heuchelei auch nicht angebracht. Für meine Schwester, die die Vorsorgevollmacht für unsere Stiefmutter hatte, ist es sicher auch eine Erleichterung.
Am Nachmittag ging es für mich mit dem Sammeltaxi nach Eschwege, weil ich dort dem HNO-Arzt vorgestellt werden sollte. Der stellte einige Fragen zur OP und zur Bestrahlung und schmierte mir ein wenig Salbe ins Ohr. Außerdem schaute er sich meinen Kehlkopf an und stellte eine Rötung und leichte Verschleimung fest, was er auf die Bestrahlung zurückführte. Am Nachmittag lief ich erneut der Stationsärztin über den Weg. Gaaanz freundlich erkundigte sie sich nach meinem Befinden, fragte wie es beim HNO-Arzt war, veranlasste, dass ich ein Inhalationsgerät erhielt und bat mich, mich zu schonen. Nun sind wir erst einmal wieder miteinander versöhnt.