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Tagebuch

09. Februar 2016

Geschrieben von Uli Schilf am 09.02.2016
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Zur Zeit fällt mir das Schreiben leichter als das Telefonieren. Heute musste ich um 11.00 Uhr im Radiologiezentrum in Flensburg sein. Dort wurde mir ein Kontrastmittel gespritzt, anschließend hatte ich bis 13.30 Uhr "frei". Viel trinken sollte ich. Während Jutta ein bisschen shoppen ging, setzte ich mich ins "Café Extrablatt" in Flensburg und schüttete Kaffee (war erlaubt) und Mineralwasser in mich hinein. Gegen 13.15 Uhr waren wir wieder in der Praxis. Wegen eines Notfalls verschob sich meine Knochenszintigraphie. Gegen 15.30 Uhr war ich durch. Das anschließende Gespräch mit der Radiologin brachte die Bestätigung: Es gibt weit gestreute Knochenmetastasen. Allerdings ist immer noch nicht klar, welcher Tumor die Ursache bildet. Den Speiseröhrenkrebs haben wir fast ausgeschlossen: die OP ist länger als 11 Jahre her. Es kann also vom Ohrspeicheldrüsenkrebs kommen oder noch andere Ursachen haben. Die Ärztin sagte, dass die Aktivitäten auf die Prostata hindeuten würden, wenn nicht die Vorerkrankungen wären. Es gilt also weiterzusuchen. Allerdings sind die Metastasen in den Knochen nicht heilbar. Sie könnten bestenfalls aufgehalten werden. Genaues erfährt man aber wahrscheinlich erst durch eine onkologische Untersuchung, die jetzt in die Wege geleitet werden muss.

Was macht das mit mir? Natürlich macht mich das traurig, zumal es das dritte Mal ist, dass es mich erwischt hat. Andererseits will ich auch nicht so einfach aufgeben. Allerdings rücken die Gedanken an das Lebensende in den Vordergrund. Und da ertappe ich mich dabei, dass ich vor dem Tod gar nicht so eine große Angst habe. Angst habe ich eher vor dem Prozess des Sterbens. Aber ich weiß, dass man heute nicht mehr unnötige Schmerzen erleiden muss. In dieser Situation ist es ganz wichtig - und da sind Jutta und ich uns einig - viel miteinander zu reden und nichts zu verschweigen oder etwa Gedanken zu verstecken. Mich hat beschäftigt, was ich eigentlich für ein Typ bin. Bin ich jemand, der eher zurückschaut auf ein wirklich spannendes Leben oder bin ich jemand, der sich jetzt noch einmal alle möglichen Wünsche erfüllen will? Meine Antwort ist: Ich hatte bisher ein wirklich spannendes und erfülltes Leben und ich muss nun nicht mehr alles wahr machen, was ich mir so alles für die Zukunft vorgestellt habe. Und: Ich bin ja auch noch nicht tot! Deshalb gilt für mich "Carpe diem!". Wer das nicht übersetzen kann: Wörtlich heißt es "Pflücke den Tag!" und fordert dazu auf, die knapp bemessene Lebenszeit heute zu genießen und das nicht auf morgen zu verschieben. Und so ist ein wunderschöner Sonnenuntergang über Angeln wichtiger als die Erfüllung materieller Wünsche.

  Das Bild zeigt zwar den Hafen von Langballigau, ist aber nicht von mir.
Die Quelle:http://view.stern.de/de/picture/2597289/vanyar1979-stille-langballig-sonnenuntergang-stille-940.jpg

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